Verfassungswidrig!

Zweite aktualisierte Auflage,Verlag Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2021, 494 Seiten.


Inhalt

Der KPD-Prozess von 1951 bis 1956 war das größte, längste und bedeutsamste Parteiverbotsverfahren in der Geschichte der Bundesrepublik. Es war das einzige Verfahren gegen eine linke Partei. Die bereits 1952 verbotene SRP, Nachfolgepartei der NSDAP, hatte sich vor dem Richterspruch bereits selbst aufgelöst. Alle weiteren Verbotsanträge, allesamt gegen rechte Parteien, wurden vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgelehnt. So erhielt das KPD-Verbot eine einzigartige Alleinstellung in der deutschen Geschichte, zumal die Kommunistische Partei Deutschlands bereits zu Beginn der Weimarer Republik gleich zweimal, zu Beginn der NS-Diktatur erneut und zu Beginn der Bundesrepublik ein viertes Mal verboten wurde.

Das auf Veranlassung der Bundesregierung eingeleitete Verfahren gegen die KPD wirkte politisch wie ein Brennglas im Konflikt zwischen den beiden deutschen Staaten der 1950er und 1960er Jahre. Analytisch wird erstmals zwischen der nationalen und der internationalen Ebene, dem „Kalten Bürgerkrieg im Kalten Krieg“ unterschieden. Dadurch rückt ein bislang wenig beachteter Aspekt der deutsch-deutschen Geschichte ins Zentrum des historischen Interesses. „Verfassungswidrig“ liegt nun in einer überarbeiteten, mit einer neuen Einleitung und Schlussbetrachtung versehenen, zweiten Auflage vor. Das Buch vermittelt eine Fülle neuer Erkenntnisse. Angefangen bei der Wirkmächtigkeit des Nationalsozialismus, über die Entstehung eines neuen Nationalismus in Deutschland West und Deutschland Ost, bis zu größeren Handlungsspielräumen beider Staaten im Prozess der doppelten Staatswerdung nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs.

In diesem Prozess spielte díe KPD eine wichtige Rolle, solange sie als politisches Instrument von beiden Seiten gebraucht wurde. Dies war bis Ende der 1960er Jahre der Fall. In der jahrzehntelangen Verfolgung der Kommunisten stellte sich auch die Frage nach der Rechtsstaatlichkeit der Bundesrepublik. Auf der Grundlage bislang unter Verschluss gehaltener Staatsakten wird erstmals belegt: Das KPD-Verbot war verfassungswidrig. „Verfassungswidrig“ ist somit eine neue Erzählung zur deutschen Geschichte der doppelten Staatswerdung in Deutschland. Dies betrifft nicht nur die äußere, sondern auch die innere Entwicklung Deutschands. Das Ergebnis zeigt: Die Kollateralschäden des deutsch-deutschen Kalten Bürgerkriegs waren beträchtlich.

Angesichts der brisanten neuen Erkenntnisse werden die wichtigsten historischen Dokumente in einem umfangreichen Dokumentarteil erstmals der Forschung und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. „Verfassungswidrig!“ wurde 2018 mit dem Richard-Schmid-Preis „für herausragende Leistungen auf dem Gebiet der Juristischen Zeitgeschichte“ ausgezeichnet. Die Preisverleihung galt darüber hinaus einem Autor, wie es in der Begründung der Jury hieß, „der sich wie kaum ein anderer Historiker für die Abgabe und Offenlegung wichtiger justizgeschichtlicher Unterlagen verdient gemacht hat. Foschepoth hat damit archivische Grundlagen geschaffen…, von denen künftige Forschergenerationen profitieren werden.“

Leseprobe

Starke Rezensionen

Eindringlich und spannend geschrieben.

Josef Foschepoth, „ein profunder Kenner der KPD-Geschichte, hat den von ihm so genannten „Kalten Bürgerkrieg“ der deutsch-deutschen Nachkriegsgeschichte eindringlich, ungeschminkt und angesichts des komplizierten Themas auch für Nichtjuristen spannend beschrieben.“ Ralf Husemann, in: Süddeutsche Zeitung,  8./9.10.2017. https://www.sueddeutsche.de/politik/zeitgeschichte-extrem-gegen-links-1.3697497

Eine bravouröse Studie zur Zeitgeschichte.

„Josef Foschepoth ist es mit seiner in großen Partien spannend erzählten, die Quellen nie überstrapazierenden Studie bravourös gelungen, die Zeitgeschichtsforschung über die Frühgeschichte der Bundesrepublik … erheblich zu bereichern.“                                                                                                                                  Arno Mohr, Portal für Politikwissenschaft, 11.12.2017. https://www.pw-portal.de/herausforderung-von-links/40548-verfassungswidrig-das-kpd-verbot-im-kalten-buergerkrieg

Antikommunismus als sinnstiftende Staatsdoktrin

„Josef  Foschepoth liefert eine spannende Geschichte der politischen ‚Feinsteuerung‘ eines Prozesses, der entscheidend dazu beitrug, dem Antikommunismus als der ‚neuen sinnstiftenden Staatsdoktrin zum Durchbruch zu verhelfen‘. Von einer ‚antitotalitären Äquidistanz‘, wie manche Interpreten glauben machen wollen, konnte in den Anfangsjahren der Bundesrepublik jedenfalls keine Rede sein.“ Werner Bührer in: Francia-Recensio 3/2018. https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/frrec/article/view/51852

Historisch-kritisch nach allen Seiten.

Hervorzuheben ist, „dass der Autor nicht etwa für eine der beteiligten Seiten Partei ergreift, sondern das Handeln der Adenauer-Regierung, das lange Lavieren des Bundesverfassungsgerichts und die völlige Unterordnung der KPD unter die Anweisungen der Ost-Berliner SED gleichermaßen kritisch analysiert.“ Dieses Buch ist „nicht nur ein historisch wichtiger Beitrag zur Erforschung des Bundesverfassungsgerichts , sondern auch für das heutige Verhältnis von wehrhafter Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in der Bundesrepublik Deutschland zentral und daher auch Politologinnen und Politologen zur Lektüre nachdrücklich empfohlen“. Michael Hein in: Politische Vierteljahresschrift, 1/2018. https://link.springer.com/article/10.1007/s11615-018-0049-0

„Verfassungswidrig!“-ein echter Foschepoth“.

Dieses Buch ist „ein echter Foschepoth“, das „wieder eine Sensation enthält. … Der damalige Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hat sich über elementare Verfahrensgrundsätze hinweggesetzt und sich mit einer Prozesspartei, nämlich der Bundesregierung, gemein gemacht, wie man es sich als Richter – das muss ich aus langjähriger Berufspraxis sagen – fast nicht einmal vorstellen kann und schon gar nicht bei dem Gericht, das wir doch als Vorbild ansehen“. Hans-Ernst Böttcher, Präsident des Landgerichts Lübeck i.R, in: Betrifft Justiz, 4/2018. https://www.forumjustizgeschichte.de/kategorie/sachkategorien/unabhaengige-justiz/

Highly readable and exciting, important and provocative book.

„Foschepoth has written a highly readable and sometimes exciting book based on pioneering archival research, and he also offers a useful record of key documents in an appendix. Certainly, this is the kind of book which I would recommend to any reader interested in German Cold War history.  … This is an important and provocative study, which will hopefully inspire a new round of discussion and research on the political culture of the early Federal Republic.”  Constantin Goschler, in: German History 36,4 (2018), S. 670 ff.,    https://academic.oup.com/gh/article-abstract/36/4/670/5095272

Debatten und Kontroversen

100 Jahre KPD

Josef Foschepoth, in : Mannheimer Morgen, 28.12.2018. „Von der„Diktatur desProletariats“ zum Grundgesetz“

Medienberichte